Frau Knobel, die Nutzung neuer Medien hat sich durch die Digitalisierung noch einmal stark gewandelt. Welche Anforderungen sehen Sie dabei für die heranwachsende Generation?
Die Digitalisierung verändert unser Zusammenleben. Sie formt unser Wissen und bringt uns miteinander in Kontakt: Im Auto wollen wir auf das Navi nicht mehr verzichten, ein Leben ohne Whatsapp können sich viele von uns gar nicht mehr vorstellen. Aus den Augen meiner Töchter betrachtet, ist die Digitalisierung unseres Lebens und Arbeitens das neue Normale, da gibt es gar keine Fragezeichen.
Aber nur weil man vielleicht privat Youtube-Videos schaut oder Whatsapp-Nachrichten schickt, versteht man noch lange nicht die Technik dahinter. Wir müssen unsere Kinder und Jugendliche digital souverän machen, damit sie die Hintergründe der Informationstechnologie verstehen. Denn die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien wird in unserem Lebens- und Arbeitsalltag immer wichtiger. Deshalb sollten Kinder in der Schule lernen, digitale Medien nicht nur zu nutzen, sondern auch zu verstehen und selbstbestimmt zu gestalten.
Wieso kommt der Schule als Institution eine solch große Bedeutung zu bei der Vermittlung von IT-Kompetenzen?
In der Schule sollen unsere Kinder auf das Leben vorbereitet werden. Und die Digitalisierung ist ein großer Teil dieses Lebens geworden. Die Vermittlung von IT-Kompetenzen ist also für uns alle von Bedeutung. Deshalb ist es Aufgabe der Schulen, Kinder und Jugendlichen dabei zu helfen, die digitale Welt zu verstehen.
Dabei geht es gar nicht darum, in der Schule künftige Programmierer auszubilden. Es geht vielmehr um neue Anforderungen an die Allgemeinbildung. Wir alle haben ausreichend Ahnung von Mathematik, Literatur, Geschichte und Chemie und kommen damit gut durchs Leben. Eine solche Grundbildung brauchen unsere Kinder nun auch zu digitalen Themen.
Was liegt da näher als ein eigenes Unterrichtsfach für Digitale Bildung? Allerdings haben die meisten Lehrkräfte keine informatische Bildung, der didaktische Umgang mit der Informationstechnologie muss in der Lehreraus- und Weiterbildung deshalb eine viel größere Rolle spielen. Die Technik in Form von Laptops, Smartboards oder auch Apps bereitzustellen, ist aber nur ein Teil. An vielen Schulen fehlen ganzheitliche Konzepte, um Schülern die so nötige Medienkompetenz zu vermitteln. Da werden Bildungseinrichtungen in meinen Augen oftmals allein gelassen. Hier ist die Politik gefragt! Die Länder müssen digitale Lernkonzepte entwickeln.
Mit dem Bildungsprojekt „IT2School“ haben Sie das erklärte Ziel, Schülerinnen und Schüler an Informationstechnologien aus ihrem Alltag heranzuführen. Wie ermöglichen Sie das?
Bei unserem IT-Projekt IT2School geht es darum, hinter die Kulissen der IT zu schauen. Das Projekt gibt Einblick in Themen wie Kommunikation, Daten, Programmiersprache und das Zusammenspiel von Hard- und Software. So können Mädchen und Jungen Informationstechnologie im Unterricht spielerisch erforschen.
IT2School besteht aus verschiedenen Modulen unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade. Alle Module sind in der Grund- und weiterführenden Schule flexibel einsetzbar. Die Handbücher und haptischen Materialien sind von Prof. Dr. Ira Diethelm vom Lehrstuhl Didaktik der Informatik an der Universität Oldenburg gemeinsam mit der Wissensfabrik erstellt worden. Sie können auch von Lehrern ohne IT-Fachkenntnissen leicht im Unterricht umgesetzt werden.
Einige Module von IT2School kommen ganz ohne Bildschirme aus. Bei der Entwicklung des Projektes war es uns wichtig, Informationstechnologie auch analog zu vermitteln. Denn von den Rauchzeichen der Indianer über das Fax hin zu Einsen und Nullen ist es eigentlich kein großer Schritt. Außerdem kann digitale Bildung nicht darauf warten, dass Schulen mit der nötigen Hardware ausgestattet werden. Dort, wo IT2School Computer nutzt, geht es um das Verstehen und Gestalten von Informationstechnologie. Denn Wischen auf Bildschirmen ist noch keine IT-Kompetenz.